Was spricht für eine internationale Familienmediation?
Leitfaden Kapitel
In einer Mediation können alle Beteiligten ihre Meinung sagen, ihre Standpunkte vertreten und ihre Wünsche und Bedürfnisse äußern. Sie gibt ihnen die Möglichkeit, ihre Trennung zu steuern, anstatt dem Trennungsverfahren ausgeliefert zu sein.
Bei einer Mediation können sich die Beteiligten, mit der Unterstützung eines Dritten, darauf einlassen, den Standpunkt des anderen anzuhören. Dadurch entsteht eine Diskussionsgrundlage auf Augenhöhe, die helfen kann, die Eskalation des Konflikts zu vermeiden.
Internationale Familienstreitigkeiten sind, z.B. wegen des Zusammenspiels unterschiedlicher Rechtssysteme, oft komplex. Gerichtsverfahren können sich dadurch auch in die Länge ziehen und teuer werden. Zudem besteht das Risiko, dass in jedem Staat ein Gerichtsverfahren angestrengt wird und widersprüchliche Entscheidungen ergehen, die die Lage weiter komplizieren. Als eine Ergänzung zu solchen Gerichtsverfahren kann Mediation helfen, derartige Komplikationen zu vermeiden, weil die Parteien eine Regelung finden können, die in beiden Staaten gilt. Eine solche Lösung kann schließlich auch dazu beitragen, die Gerichts- und Anwaltskosten so gering wie möglich zu halten.
In Staaten, die nicht Unterzeichner internationaler Abkommen über familienrechtliche Angelegenheiten sind, kann der Inhalt einer Mediationsvereinbarung bezüglich des Sorgerechts, des Umgangs und anderer verwandter Themen gleichwohl anerkannt und mithilfe geeigneter rechtlicher Instrumente durchgesetzt werden.
In der Mediation können Rechtsfragen unter Berücksichtigung des familiären Alltags der Betroffenen geklärt werden. In der Mediation können alle Punkte zur Sprache kommen, die den Teilnehmern/innen wichtig sind. Zudem ist es möglich, auch die Kinder oder weitere Personen aus dem familiären, religiösen und sozialen Umfeld, die im Leben der Kinder oder der Eltern eine wichtige Rolle spielen, in den Prozess einzubeziehen.
Mediation schafft einen Raum, in dem die Beteiligten ihre Ängste, Sorgen und Zweifel ausdrücken können. Sie bietet beiden Eltern damit eine Chance zu bestimmen, wie sie trotz der Trennung künftig gemeinsam als Eltern handeln wollen. Die gemeinsam gefundenen Lösungen können sie in der Folge ausprobieren und, wenn nötig, anpassen.
Das Mediationsverfahren nimmt Rücksicht auf die Verfügbarkeit und anderweitigen Verpflichtungen beider Elternteile. Gleichzeitig berücksichtigt es das Recht des Kindes, sich in einem geschützten Umfeld zu entwickeln und die Beziehung zu beiden Elternteilen aufrechtzuerhalten, sofern dies keine Gefahren birgt und möglich ist.
In der Praxis erschwert die räumliche Trennung häufig die Kommunikation zwischen den Eltern und stellt auch an die Organisation des Alltags andere Anforderungen. In einer Mediation haben Eltern Zeit, die verschiedenen Optionen zu besprechen, die sich für die Zukunft ergeben – etwa wie man den Kontakt der Kinder zu ihrem nicht bei ihnen lebenden Elternteil über Staatsgrenzen hinweg aufrechterhalten und unterstützen kann.
Familien, die einen „grenzüberschreitenden Familienkonflikt“ durchleben, sind oft mehrsprachig und multikulturell. Kulturelle Unterschiede können in einem Trennungskonflikt eine Rolle spielen – vor allem bei Fragen, die die Kinder betreffen. Eltern möchten natürlich ihre eigenen kulturellen Erfahrungen an ihre Kinder weitergeben. Die Aussicht, dass man plötzlich in einem anderen Staat lebt als die Kinder, kann die Sorge auslösen, dass die Kinder diese Verbindung zu ihrem kulturellen oder religiösen Erbe (Sprache, Teilnahme an religiösen oder sportlichen Aktivitäten usw.) verlieren.
Mediatoren/innen legen besonderes Augenmerk auf Fragen der kulturellen Vielfalt und bringen diese bei Bedarf in die Gespräche ein. Dies hilft den Eltern, sich besser darüber zu verständigen, was ihnen im Hinblick auf die Erziehung ihrer Kinder und ihre Kultur wichtig ist.
Mediation bietet also auch eine Chance, grundlegende kulturelle Aspekte zu berücksichtigen und zugleich die Rechte und Wünsche der Menschen, die an der Mediation teilnehmen, zu respektieren.
Manche Eltern wünschen sich eine/n Mediator/in, der/die ihre Herkunft und damit ihren kulturellen, religiösen und sprachlichen Hintergrund teilt. Sie meinen, dass er/sie dann die Probleme und Herausforderungen, die sich aus der Trennung ergeben, und das, was für sie auf dem Spiel steht, besser erkennen und verstehen kann. Die Mediation bietet die Möglichkeit, solche Wünsche zu berücksichtigen.
Zur Erleichterung der Kommunikation kann Mediation auch mithilfe von Übersetzern/innen oder anderer Dritter durchgeführt werden, etwa einem/r Kulturdolmetscher/in oder einer weiteren Person, die dieselbe kulturelle Herkunft teilt. Auch diese Personen sind verpflichtet, alles Gehörte vertraulich zu behandeln.
Wenn ein Elternteil Angst hat, sein Kind zu verlieren oder erleben zu müssen, dass es ins Ausland zieht oder nicht zurückkehrt, bietet Mediation die Möglichkeit, diese Bedenken zu äußern und mit dem anderen Elternteil zu besprechen. Dadurch kann Mediation solche Ängste zerstreuen, deren sich der andere Elternteil unter Umständen gar nicht bewusst ist. Häufig zeigt sich dann, dass beide Eltern gleichermaßen um das Wohlergehen des Kindes besorgt sind.
Mediatoren/innen können Eltern auch über die möglichen rechtlichen und psychologischen Folgen einer überstürzten Ausreise eines Kindes in ein anderes Land aufklären und dadurch den betreffenden Elternteil dazu veranlassen, sich das ganze noch einmal zu überlegen.